Interior

Es war einmal…

02/12/2022

… ein stattliches, wenn auch stark renovierungsbedürftiges Haus im idyllischen Piemont, dem sich nach vielen einsamen Jahren des Leerstands, ein abenteuerlustiges Paar aus dem fernen Berlin angenommen hat. Beim Anblick seiner bescheidenen 15 Zimmer im Haupthaus beschloss das Paar: »Eine Bibliothek muss her und zwar schickilacki und mit ganz viel Pipapo!“

So oder so ähnlich könnte der Einstieg für unser persönliches Märchen zu unserem Bibliothekszimmer aussehen. Da ich aber, zu unser aller Glück, keine Märchenautorin geworden bin, gibt es anstelle eines prosaischen Interior-Rückblicks lieber die ungeschönten Fakten zu unserer nervenaufreibenden Einrichtungsodysee.

Für all diejenigen, die es vielleicht nicht mehr wissen: Den Auftakt unseres Bibliothekszimmer bildete der Neuaufbau unseres Kamins, da die alte und schon in die Jahre gekommene offene Feuerstelle, leider die Neuverputzung unserer Wände nicht überstand. Unser sehr geschätzter Bauarbeiter Pepe, meinte es daraufhin so gut mit uns und mauerte uns kurzerhand einen Traum an Pizzaofen, der mich wiederum in leichte Schnappatmung versetzte… ein paar Wochen später, einen Pizzaofen ärmer, dafür einen wunderschönen Ofen reicher, stand die nächste Herausforderung bevor: Farblich abgestimmte Wände zu unserem blau-grün-petrol-changierenden Bücherregal zaubern.

Alles grün? Alles supergrün!

Ruby aus Fünftes Element

Wie gut, dass wir das nicht machen mussten, sondern unser (zu diesem Zeitpunkt noch stets gut gelaunter) Maler Roberto. Aufmerksame Leser ahnen es bereits: Die gute Laune hielt leider nicht ganz so lange an, wie gehofft, denn: die Farbe war ein wahrgewordener Einrichtungs-Albtraum. Ich kann mich rückblickend ja immer noch nicht so recht entscheiden, ob die Farbe wie ein schleimiges Seemonster aussah oder ob bei mir kitschige Erinnerung an die 80er Jahre Schnulze „Die blaue Lagune“ geweckt wurden. So oder so… keine dieser Optionen hat Sven und mir gefallen und somit war die Entscheidung nach dem zweiten Anstrich gefallen: Wir müssen mindestens ein weiteres Mal darüber streichen! Etwas weniger gut gelaunt, dafür aber nach wie vor hochmotiviert, hat sich unser Maler Roberto an einen dritten Anstrich gewagt. Hmmmm… okay zugegeben, es sah nun nach weniger Seemonster und Brooke Shields-Schmonzette aus, ABER jetzt waren wir stilistisch definitiv in einem urigen Rosamunde Pilcher-Pub in Irland angekommen. Ihr ahnt es: Ein vierter Anstrich musste her… mit… tatataaaaa exakt dem gleichen Ergebnis. Und so stellte sich auch uns langsam die Frage: Könnte es eventuell und unter Umständen sein, dass diese Farbe irgendwie nicht richtig gemischt wurde? Denn die Farbkarte und unser Anstrich haben mal so gar nichts gemein.

Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

Albert Einstein

Im Schlepptau mit unserem Baufirmen-Alessandro tigerte Sven darauf hin zu unserem Farbladen des Vertrauens und siehe da: Die Mischmaschine hatte offensichtlich einen Defekt und so fehlte schlicht und ergreifend das Blau in unserer Farbe. Kein Wunder also, dass wir so seltsame Farbergebnisse hatten. Ein mittlerweile nun gar nicht mehr gut gelaunter Roberto widmete sich daraufhin einem fünften und – weil es gar so viel Spaß machte – noch einen sechsten Anstrich. Und siehe da, die Farbe war perfekt, was man von dem Boden nicht wirklich behaupten konnte! Und so folgte die nächste Aktion: Das Lackieren unseres Boden. Nach nur zwei Anstrichen, konnte dann ENDLICH die Einrichtung folgen und die war angesichts unseres ausgiebigen Farb-Kamin-Boden-Gemetzels nahezu kinderleicht.

Das Schöne war, dass wir bis auf die Bücherwand und die Leuchte alle Interiorgegenstände bereits hatten: Das Sixties anmutende Sofa aus dem Büro, das antike Sideboard aus unserer Wohnung, mein (mit Elsie restaurierter) Cocktailsessel, der alte Teppich der Familie Pia (von denen wir das Haus kauften) und natürlich die Hauptakteure: Unsere vielen schönen Bildbände, Kochbücher, Designschmöker und natürlich mein Brockhaus mit seinen Sonderbänden. Ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wer sich ganz besonders gefreut hat, dass wir diese ENDLICH griffbereit in unserem neuen Heim haben und nun nicht mehr hin- und her getragen müssen. 🙂

Ein weiterer Star in diesem Zimmer ist aber zweifellos ein großartiges Gemälde, dass wir uns noch im letzten Jahr geleistet haben. Simon aus dem Nachbardorf Vigliano d’Asti ist nämlich nicht nur ein lieber Freund von uns geworden, sondern ist auch ein fantastischer Künstler, der nicht ohne Grund seine Brötchen mit seiner Kunst verdient. Zum Glück waren wir so clever und haben letztes Jahr noch bei seinem Gemälde „The Liar“ zugeschlagen, denn nicht nur, dass wir in diesem Jahr dafür zu abgebrannt gewesen wären, Simon steht auch kurz vor seinem Durchbruch. Also, Ihr Lieben, wenn Ihr Kunstliebhaber seid, die nötigen Kröten übrig habt und von einem gerade in New York City, Miami und London angesagten Maler etwas erwerben möchtet – jetzt wäre die richtige Zeit dafür, wer weiß, wie lange man sich seine Kunstwerke noch leisten kann! (Werbetrommel Ende) Wer sich das nicht leisten kann oder will… darf sich aber jetzt gerne ersatzweise an unserem Stück Kunst ergötzen, das zufälligerweise auch farblich exakt in unsere gemütliche Bibliothek passt.

Unsereins wird das gleich live nachholen und standesgemäß mit einem Glas Wein durch die Pipapo-Bibliothek wandeln und laut „Ist das nicht schickilacki?“ rufen.

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